Blepharospasmus

Diagnose

Typische Berichte der Patienten und klinische Untersuchungen führen den Arzt zur Diagnose. Vor allem geschieht dies relativ schnell und sicher, wenn es während der Untersuchung zu einem Lidkrampf kommt. Für eine exakte Diagnosestellung sind differenzialdiagnostisch andere Formen von Lidöffnungs- und Lidschlussstörungen auszuschließen – z. B. entzündliche Augenerkrankungen, aber auch „Tics“ und „Stereotypien“. Häufig wird ein Blepharospasmus mit einer okulären Myasthenie verwechselt, der eine krankhaft gesteigerte Muskelermüdbarkeit zu Grunde liegt.

Therapie

Seit fast 20 Jahren gilt die Injektionstherapie mit Botulinumtoxin (BTX) als Mittel der ersten Wahl, um den essenziellen Blepharospasmus zu behandeln. Vor dieser Zeit war die Behandlung von Lidkrämpfen recht unbefriedigend. Medikamentös setzte man vor allem Tabletten ein, die beruhigend oder lindernd auf Muskelkrämpfe wirken, aber zum Teil erhebliche Nebenwirkungen entfalten. Heute nutzt man diese Präparate nur noch unterstützend, wenn BTX zu kurz oder unzureichend wirkt. Operativ versuchte man früher, entweder Fasern des Ringmuskels am Auge zu entfernen oder Nervenfasern zu unterbrechen, die zum Ringmuskel führen. Neben verschiedenen sog. Paramedizinischen Heilversuchen (Akupunktur, Hypnose, Heilschlaf u.a.) wurden auch Psychotherapie oder Psychoanalyse eingesetzt. Betroffene sind aber oft nur niedergeschlagen, weil sie bei ihren Mitmenschen auf Unverständnis stoßen und noch keine Heilung in Sicht ist.

Injektionsbehandlung mit Botulinumtoxin – Injiziert wird mit einer sehr dünnen Nadel in die dystonen Muskeln rund um das Auge. Der Einstich ist im Allgemeinen nicht schmerzhaft.

Das Einsetzen der Wirkung – Der Lidkrampf hört nach der Injektion nicht spontan auf. Er verringert sich erst nach einigen Tagen, selten erst nach bis zu drei Wochen. Wie stark und wie lange die Wirkung anhält, ist individuell sehr unterschiedlich. Unzureichend oder gar nicht wirkt die Therapie bei etwa 5 bis 10 % der von einem Blepharospasmus Betroffenen und bei 1 % derjenigen mit Spasmus hemifacialis, einer halbseitigen Verkrampfung der Gesichtsmuskeln.

Injektionsintervalle – Im Durchschnitt benötigt ein vom Blepharospasmus Betroffener viermal im Jahr eine Wiederholungsinjektion. Bein einseitigen Lidkrampf sind 2 – 3 Behandlungen pro Jahr in der Regel ausreichend. Mit einem Nachlassen der Wirkung ist auch nach zahlreichen Wiederholungsinjektionen nicht zu rechnen. Leider ist aber auch der Zeitraum zwischen den Behandlungen meistens nicht zu verlängern. Obgleich der Ringmuskel um das Auge immer wieder neu durch BTX geschwächt wird, gewinnt er jedes Mal nach einer bestimmten Zeit seine ursprüngliche Kraft zurück.

Unerwünschte Wirkungen – Botulinumtoxin hat sich als eine sehr sichere und wirksame Therapie bei Betroffenen mit Blepharospasmus erwiesen. Nur selten treten unerwünschte Wirkungen auf. Diese Störungen, die meist nur mild ausgeprägt sind, geben keinen Anlass zur Sorge, da sie die Funktion des Auges nicht schädigen und sich immer nach kurzer Zeit wieder völlig zurückbilden.

Er ist Journalist. Lesen und Schreiben sind sein Handwerk. Immer öfter versagen ihm die Augen den Dienst. Erst blinzelte er nur ab und zu. Dann immer öfter. Die Augen verkrampfen sich ohne Vorwarnung, und er sieht nichts mehr. Passiert ihm das auf der Straße, kann er nur wie angewurzelt stehen bleiben. Eine gefährliche Situation. Bis der Lidkrampf sich löst, ist er blind.

Frei aus dem Griechischen übersetzt, heißt Blepharospasmus „Lidkrampf„. Betroffen ist ein spezieller Muskel, der Musculus orbicularis oculi. Er umschließt das Auge ringförmig. Verkrampft er sich, schließen sich die Augen teils anhaltend, teils mehr im Sinne eines häufigen Lidschlags. Fast immer sind beide Augen betroffen, aber das eine mitunter stärker als das andere.

Formen des Blepharospasmus

Ein Lidkrampf kann zwar als Folge einer Augenstörung auftreten (z. B. bei trockenen Augen, Entzündungen, oder wenn einem „etwas ins Auge geflogen ist“). Ist eine solche Ursache ausgeschlossen, handelt es sich fast immer um den essenziellen (idiopathischen) Blepharo-spasmus. Diese Bezeichnung bedeutet in etwa: Lidkrampf, für den man keine Ursache finden kann.

Essentieller Blepharospasmus

Er ist eine seltene Krankheit, deren Anlage genetisch bedingt sein kann. Der Weg zur richtigen Diagnose ist oft schwierig. Der essenzielle Blepharospasmus zählt zu den fokalen Dystonien. Fokal bedeutet örtlich begrenzt und Dystonie eine Bewegungsstörung auf der Basis eines fehlerhaften Spannungszustandes von Muskeln. Diese können sich kurzzeitig oder anhaltend zusammenziehen, ohne dass dies willkürlich zu beeinflussen ist. Über die Ursache von fokalen Dystonien ist immer noch wenig bekannt. Man weiß aber, dass ihr Ursprung auf ein gestörtes Zusammenwirken verschiedener Stoffe in einer bestimmten Stelle des Gehirns (Basalganglien) zurückzuführen ist, nicht aber auf seelische (psychische) Störungen.

Einflüsse und Abhängigkeiten

Der Blepharospasmus ist eine organische Erkrankung, die aber von zahlreichen äußeren Umständen und auch seelischen Befindlichkeiten geprägt ist. Die Beschwerden können unter Stress, Ärger, Schicksalsschlägen und anderen psychischen Einflüssen zunehmen. In geschlossenen Räumen sind die Beschwerden geringer als draußen. Sobald sich die Betroffenen hinlegen oder schlafen, sind sie meistens beschwerdefrei. Die Erfahrung zeigt, dass viele Betroffene weniger unter dem Lidkrampf leiden, wenn sie ungewohnte, nicht „eingefahrene“ Tätigkeiten ausüben – z. B. beim rückwärts gehen oder im Urlaub.

Blepharospasmus-Betroffene können das Verkrampfen der Augenlider aus eigenem Willen nicht beeinflussen. Die Muskelkrämpfe können die Mimik erheblich entstellen. Zieht sich der Muskel über längere Zeit zusammen (Muskelkontraktion), ist die Sehfähigkeit bis zur zeitweiligen Blindheit gestört. Viele Betroffene können deshalb nicht ohne Begleitung auf die Straße.

Das beidseitige Auftreten der Lidkrämpfe unterscheidet den Blepharospasmus vom Spasmus facialis (hemifacialis), bei dem fast immer nur ein Auge (und meist die darunter liegende Wange) betroffen ist. Hierbei liegt keine Dystonie vor, sondern eine krankhafte (pathologische) Störung des Nerven, der für die Gesichtsmuskeln verantwortlich ist (Fazialis-Nerv). Im Gegensatz zum beidseitig auftretenden essenziellen Blepharospasmus verstärken sich die Beschwerden beim hemifazialen Spasmus oft auch im Liegen. Weil jedoch immer nur ein Auge von der Erkrankung betroffen ist, beeinträchtigt sie den Patienten naturgemäß weniger stark als der beidseitige Blepharospasmus und macht den Patienten nicht so hilflos.

Bei etwa der Hälfte der vom essentiellen Blepharospasmus Betroffenen sind die Krämpfe nicht allein auf die Augen begrenzt. Auch andere Muskeln des Gesichts sind von der Dystonie betroffen.

Die Kombination aus Blepharospasmus und Oromandibulärer Dystonie (Muskelkrämpfe von Kiefer und Mund) wird als „Meige-Syndrom“ bezeichnet. Bei der Lidöffnungsapraxie, einer speziellen Unterform des essenziellen Blepharospasmus, fehlen die Lidkrämpfe weitgehend oder völlig; der Betroffene kann seine Augen trotzdem zeitweise nicht öffnen. Im Vordergrund dieser Unterform steht die Klage, die Augen nicht öffnen zu können, oder dass die Lider einfach zufallen.

Leidensdruck

Schmerzhaft sind alle Erscheinungen des essenziellen und hemifazialen Blepharospasmus im Allgemeinen nicht. Sie können auch nicht mit bösartigen Krankheiten verglichen werden. Trotzdem ist der Leidensdruck der Betroffenen oft sehr hoch. Da andere Menschen diese auffällige Krankheit nicht richtig einschätzen können, meiden die Betroffenen häufig die Öffentlichkeit. Sie werden kontaktscheu und ziehen sich zurück.